Der Begattungstrieb
Die Attraktivität von Pornos und das allmählich nachlassende sexuelle Interesse an der eigenen Partnerin kann durch den so genannten Coolidge-Effekt erklärt werden. Der Effekt ist nach einer zeitgenössischen Anekdote über den US-Präsidenten Calvin Coolidge benannt: Der Präsident und seine Gattin Grace Coolidge besuchten einen Musterhof und wurden getrennt herumgeführt. Als sie darüber staunte, dass es im Hühnerstall nur einen einzelnen Hahn gab, erklärte man ihr, der Hahn vollziehe den Paarungsakt bis zu zwölf Mal am Tag. Darauf soll Mrs. Coolidge gesagt haben: „Sagen Sie das doch mal meinem Mann.“ Als dieser später davon erfuhr, hakte er nach: „Jedes Mal dieselbe Henne?“ – „Nein, jedes Mal eine andere.“ Darauf Coolidge: „Sagen Sie das mal meiner Frau.“
Es gibt verschiedene wissenschaftliche Untersuchungen, die folgenden Effekt nachweisen: Eine männliche Ratte verliert nach einiger Zeit das Interesse an der Paarung mit einem Weibchen, auch wenn dies paarungswillig ist. Setzt man aber ein neues Weibchen in den Käfig, dann ist die männliche Ratte wieder sexuell hochmotiviert. Dieses Experiment wurde auch mit fünf weiblichen und einer männlichen Ratte gemacht: Diese begattete alle fünf Weibchen bis zur Erschöpfung und war dann selbst auf Drängen der weibliche Ratten nicht mehr zum Sex zu bewegen. Als aber eine sechste weibliche Ratte in den Käfig gesetzt wurde, hatte das Männchen plötzlich wieder die Kraft auch diese noch zu besamen.
Ein ähnliches Experiment wurde in Australien mit Studenten gemacht. Ihnen wurde derselbe Pornofilm 18 mal hintereinander gezeigt. Die sexuelle Erregung und die Erektion nahm dabei stetig ab. Beim 19. und 20. Mal wurde ein neuer Film gezeigt und die Erregung ging wieder steil nach oben.
Zu erklären ist dies mit einem biologischen Fortpflanzungsprogramm, das immer bei einem neuen paarungswilligen Weibchen einen Dopaminschub im Gehirn veranlasst. Dieser bewirkt eine neue starke sexuelle Erregung und motiviert, auch dieses Weibchen zu begatten. Dieses instinkthafte Programm aus unserem Unterbewusstsein dient dazu, seinen Samen und seine Gene möglichst weit zu verstreuen. Und Pornos machen sich dies zunutze, denn dort gibt es schier unendliche viele „Playmates“.
Was bedeutet dies also für die Entstehung von Pornosucht?
Die meisten Männer leiden in einer monogamen Beziehung unter zunehmendem sexuellen Desinteresse an ihrer Partnerin. Der Porno bietet eine noch nie dagewesene Fülle und schnelle Abwechslung an attraktiven und „paarungswilligen Weibchen“. Viele Männer reagieren auf Pornos, als wären sie als einziger Mann auf einer Insel voller Nymphomaninnen gestrandet und wollen mit allen Sex haben. Das führt dazu, dass es ihnen geht wie der Ratte mit den fünf Weibchen: obwohl sie schon mehrfach ejakuliert haben und total erschöpft sind, wird bei einem neuen Film weitergemacht. Das erklärt, warum Männer weiter Pornos schauen und onanieren, auch wenn sie schon zum Höhepunkt gekommen sind. Es erklärt außerdem, warum die wenigsten Männer ihre Pornosammlung meist nie anschauen: erregender ist immer der unbekannte Porno mit der neuen Frau. Speziell die Internet-Pornos bedienen also hier einen Trieb, der für eine solche exzessive Überreizung durch ein grenzenloses Angebot an (virtuellen) Frauen nicht vorbereitet ist. Unser Gehirn ist entwicklungsgeschichtlich auf solch eine Situation nicht vorbereitet.